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Auslandsaufenthalte/Reisen Franz Josef Strauß Chile

Jahr Datum
1977 17.11.-23.11.
Franz Josef Strauß bei den Feierlichkeiten am Lago Llanquihue zur 125. Jahrfeier der deutschen Einwanderung nach Chile im November 1977

Franz Josef Strauß bei den Feierlichkeiten am Lago Llanquihue zur 125. Jahrfeier der deutschen Einwanderung nach Chile im November 1977

ACSP; ACSP, NL Strauß Slg Kray Foto 14-4-3

Chile

"Wenn ich nach Chile gefahren bin, bedeutet das nicht, dass ich die dortige Militärregierung unterstütze. [...] Ich unterstelle auch nicht Politikern, die nach Moskau reisen, sie wollten Kommunisten werden."


So kommentierte Franz Josef Strauß die Reaktionen auf seine Reise nach Chile 1977 in einem Zeitungsinterview.


Wie immer nach dem Grundsatz verfahrend mit jedem das Gespräch zu suchen, egal ob man in politischen Dingen übereinstimmte, bereiste Franz Josef Strauß im November 1977 Chile und führte dort auch Gespräche mit General Pinochet. Begleitet wurde Strauß von Staatsminister Dr. Fritz Pirkl, dem Vorsitzenden der Hanns-Seidel-Stiftung, den Bundestagsabgeordneten Karl-Heinz Spilker, Hans Graf Huyn und Erich Riedl, sowie Vertretern der Wirtschaft, unter anderem der Schörghuber-Unternehmensgruppe, der Firma Pelikan und der Hypobank. Journalisten von ARD, ZDF, DPA, Münchner Merkur und einiger kleinerer Agenturen begleiteten die Delegation in Chile. Ohne die Reporter von ARD und ZDF umfasste die Delegation 18 Personen. Vor Ort erfolgte die Betreuung durch die Deutsche Botschaft und den Vertreter der Hanns-Seidel-Stiftung in Chile.
Anlass der Reise war der 125. Jahrestag der deutschen Einwanderung nach Chile. Während seiner Reise stand Strauß im Fokus der Presse, sowohl der deutschen wie der chilenischen. Die deutsche Presse, vor allem der Spiegel, kritisierten ihn wegen seines Treffens mit General Pinochet und für seine Wortwahl bei verschiedenen Reden zum Teil heftig. Seine Reden wurden im Anschluss an die Reise im Wortlaut veröffentlicht. 

Franz Josef Strauß spricht vor dem Denkmal am Lago Llanquihue zur 125. Jahrfeier der deutschen Einwanderung nach Chile im November 1977, im Hintergrund das Ehepaar Pinochet

Franz Josef Strauß spricht vor dem Denkmal am Lago Llanquihue zur 125. Jahrfeier der deutschen Einwanderung nach Chile im November 1977, im Hintergrund das Ehepaar Pinochet

ACSP; ACSP, NL Strauß Slg Kray Foto 12-4-4

Aus Sicht von Strauß handelte es sich bei Pinochet definitiv nicht um einen Demokraten, aber um jemanden, der Chile vor dem Abdriften in den Sozialismus bewahrt hatte. In Interviews mit chilenischen Medien forderte er das Militär auf, sich ernsthaft Gedanken über die Zukunft des Landes zu machen und mit den demokratischen Kräften zusammen nach Lösungen zu suchen. Er ließ keinen Zweifel daran, dass er die parlamentarische Demokratie für die beste Regierungsform auch in Chile hielt. Der deutsche Botschafter Erich Strätling berichtete an das Auswärtige Amt, dass er keine Formulierung von Strauß gehört hätte, die er als Demokrat nicht hätte akzeptieren können.

Ein immer wieder behaupteter oder suggerierter Besuch von Strauß in der Colonia Dignidad bei seiner einzigen Reise nach Chile hat dagegen nie stattgefunden und war auch zu keinem Zeitpunkt geplant. Weder die mitreisenden, ihn auf Schritt und Tritt begleitenden Journalisten, noch die Vertreter der deutschen Botschaft oder die noch lebenden Zeitzeugen, erwähnen einen derartigen Besuch.

Da Programm, Zeitplan und Routenverlauf der Reise die Unmöglichkeit eines Besuchs belegen, wurden der exakte Verlauf der Reise aus den originalen Reiseunterlagen von Franz Josef Strauß, ergänzt durch weitere Unterlagen und Pressedokumentationen rekonstruiert. Bedingt durch Verspätungen und laufend aktualisierte Termine ließ sich nicht immer die exakte Uhrzeit ermitteln, im Zweifelsfall sind alle in den Programmen genannten Zeiten angegeben, die jedoch höchstens um anderthalb Stunden voneinander abweichen. So haben die Gespräche mit Eduardo Frei und Kardinal Silva eventuell am jeweils anderen Datum stattgefunden, vor Ort scheint es eine kurzfristige, nicht eindeutig dokumentierte Terminänderung gegeben zu haben.

Politische Studien, Sonderheft 1/1978: Chile - ein schwieriger Weg

Politische Studien, Sonderheft 1/1978: Chile - ein schwieriger Weg

HSS

Donnerstag, 17. November 1977
- Ankunft in Santiago de Chile mit dem Flugzeug gegen 20:20 Uhr von Buenos Aires kommend
- Empfang am Flughafen Pudahuel durch Vertreter der Regierung und dem deutschen Botschafter, anschließend Transfer zum Hotel
- Kleines Abendessen auf Einladung der Deutschen Botschaft
- 22:00 Uhr Informationsgespräch in der Residenz des Botschafters für die Reisegruppe mit den Referenten der Botschaft

Freitag, 18. November 1977 
- 9:15 Uhr Audienz beim Außenminister
- 12:30 Uhr Audienz beim Staatspräsidenten Pinochet
- 13:00 Uhr Mittagessen auf Einladung des Revolutionsrates
- 16:00 Uhr/17:00 Uhr Verleihung des Professorentitels h.c. der Universidad de Chile, Juristische Fakultät
- 20:30 Uhr Galaempfang auf Einladung von General Forestier (Außenminister)

Samstag, 19. November 1977 
- Besuch von Temuco (125. Jahrestag der Einwanderung), Abreise erfolgte mit einer Militärmaschine von Santiago um 9:00 Uhr nach Puerto Montt
- 12:30 Uhr Mittagessen auf Einladung von Herrn Ernst Wagner am Villarrica See
- 16:00 Uhr Treffen mit deutschstämmigen Chilenen in Totoral am Llanquihue See
- Bei der Veranstaltung zur Erinnerung an die ersten Einwanderer in Chile aus Deutschland ist auch der Botschafter der Bundesrepublik, Erich Strätling, anwesend und spricht ein Grußwort, die deutsche Presse wird vertreten durch ARD, ZDF, RIAS, DPA, Spiegel, Münchner Merkur u.a.
- 17:00 Uhr Rückflug mit einer Militärmaschine nach Santiago
- geplant 20:30 Uhr, durch Flugverspätung erst 22:00 Uhr: Empfang bei Herrn Malte Radmann, Vertreter der Hanns-Seidel-Stiftung in Chile mit dem Finanzminister, dem Leiter der Planungsbehörde, dem persönlichen Berater des Staatspräsidenten, Jaime Guzman, und dem ehemaligen Verteidigungsminister der Regierung Frei und Mitglied des Staatsrates Carmona

Sonntag, 20. November 1977 
- 8:00 Uhr Fahrt nach El Teniente
- 10:00 bis 12:30 Uhr Besuch der Kupfermine "El Teniente"
- 13:00 Uhr Rückfahrt nach Santiago
- 13:30 Uhr/14:00 Uhr Mittagessen auf Einladung der Bergarbeitergewerkschaft Chiles im Weingut Santa Rica
- Nachmittags/18:00 Uhr Gespräch mit Eduardo Frei

Montag, 21. November 1977 
- 9:00 Uhr Fahrt nach Vina del Mar
- 11:30 Uhr Besuch der Stiftung "Adolfo Ibanez" und der Universität Frederico Santa Maria in Vina del Mar
- 13:30 Uhr Mittagessen auf Einladung von Pedro Ibanez
- Nachmittags Treffen mit Raúl Kardinal Silva Henríquez
- 20:30 Uhr Empfang in der deutschen Botschaft mit dem Gesundheitsminister und dem Generaldirektor des Außenministeriums sowie einigen Deutsch-Chilenen

Dienstag, 22. November 1977 
- 8:30 Uhr Gespräch mit dem Vertreter der Konrad-Adenauer-Stiftung in Chile, Willy Otten
- 9:15 Uhr Gespräch mit dem Präsidenten der Verfassungskommission Ortuzar
- 10:30 Uhr Gespräch mit dem Präsidenten des Obersten Gerichtshofes
- 12:00 Uhr Mittagessen auf Einladung des Wirtschaftsministers in der Zentralbank Chiles
- Rückflug nach Deutschland 15:40 Uhr ab Santiago, vor dem Abflug Pressegespräch mit Vertretern der ARD