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Europapolitik

Im außenpolitischen „Grand Design“ von Franz Josef Strauß nahm die Europapolitik einen zentralen Stellenwert ein. Erfolge oder Misserfolge auf europäischer Ebene waren seiner Auffassung nach eng mit der Lösung der deutschen Frage verbunden. Für ihn beruhte dabei die Spaltung der deutschen Nation und die Teilung Europas auf jener durch die beiden Supermächte USA und Sowjetunion geschaffenen Nachkriegsordnung, weshalb der Schlüssel für eine Wiedervereinigung in einem politisch geeinten Westeuropa und den auf dieser Grundlage neu zu gestaltenden atlantischen Beziehungen lag. Auf diesem Hintergrund wurde die mit den Römischen Verträgen von 1957 geschaffene Wirtschaftsunion zwar als günstigste Voraussetzung, nicht jedoch als Garantie für die Entstehung einer politischen Union gewertet. Franz Josef Strauß hielt es nicht nur für verfehlt, die politische Gemeinschaft des "Europa der Sechs“ auf wirtschaftlicher Grundlage erzwingen zu wollen, sondern er erteilte auch Überlegungen, die die kausale Verknüpfung der Brüsseler Kommission mit der Genese einer ersten europäischen Regierung reflektierten, eine strikte Absage. Supranationale Institutionen, die zu wirtschaftspolitischen Zwecken geschaffen wurden, so lautete seine Argumentation, seien nicht geeignet, die politischen Bereiche des europäischen Zusammenschlusses gestaltend zu beeinflussen. Dies ließe sich lediglich mittels der Übereinstimmung zwischen den Regierungen der europäischen Staaten bewerkstelligen.

Die Basis einer derartigen Übereinstimmung sah Franz Josef Strauß in der Kooperation zwischen Deutschland und Frankreich bzw. im Schulterschluss deutscher Regierungen mit dem französischen Präsidenten Charles de Gaulle. Seine Bemühungen um eine stabile deutsch-französische Achse als Kristallisationskern der europäischen Einigung wurzelten in der Überzeugung, dass die sowjetischen Anstrengungen zur Erhaltung der Teilung Europas nicht nur in krassem Widerspruch zu seinen, sondern auch zu de Gaulles Plänen eines Groß-Europa stünden, und dass der Kreml angesichts ähnlicher Positionen in der Frage der polnischen Westgrenze und eines Verzichts der Bundesrepublik auf Atomwaffen die Wiederbelebung der historischen Allianz Paris, Moskau, Warschau und Prag anstrebte. Die Realisierung dieses Szenarios galt es für Franz  Josef Strauß wegen der damit verbundenen Gefahr der Isolierung Westdeutschlands und der faktischen Besiegelung der Teilung Europas unter allen Umständen zu verhindern. Anstelle einer direkten Annäherung Frankreichs an die UdSSR drängte er – ganz im Sinne Konrad Adenauers – auf die Schaffung eines europäischen Gegengewichtes durch die Zusammenfassung der Kräftepotenziale der Westeuropäer.

Für Franz Josef Strauß galt ein geeintes West-Europa zwar als "Vorstufe zu den Vereinigten Staaten von Europa", jedoch nicht in dem Sinne einer auf die prosperierenden Volkswirtschaften im westlichen Teil des Kontinents beschränkte Union, sondern einer auch die Völker Mittel- und Osteuropas einschließenden gesamteuropäischen Föderation. Der von ihm verwendete Nationenbegriff schränkte dabei den historischen Stellenwert der westeuropäischen Nationalstaaten ein, stellte jedoch deren nationale Identität keineswegs in Frage. Das von ihm in den sechziger Jahren formulierte Europakonzept deckte sich demnach mit den seit 1946 in den CSU-Grundsatzprogrammen verankerten euroapolitischen Grundsätzen.

Mit dem Kommissionspräsidenten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) Walter Hallstein 1965

Marcelle Jamar; European Communities/EC - Audiovisual Service; Reference: P-010627/00-2 ; ACSP, NL Strauß Slg Kray Foto 15-3-3

"Wir brauchen Europa" Plakat zur Bundestagswahl 1969

ACSP; ACSP, Pl S 525

"Ja zu Europa" Plakat zur Europawahl 1984

ACSP; ACSP, Pl S 104