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Franz Josef Strauß in Karikaturen

„Mal angenommen, wir Karikaturisten hätten irgendwann einen deutschen Politiker „erfinden“ dürfen, der sich besonders gut für Karikaturen geeignet hätte, mit markanten Gesichtszügen, einer stattlichen Figur, mit allen Wassern gewaschen, kein Kind von Traurigkeit, ein Freund deutlicher Aussprache, hochintelligent, sehr ehrgeizig, nicht zimperlich in der Wahl seiner Mittel, mit viel Licht, aber ebenso viel Schatten in seiner Karriere, von Gegnern verteufelt, von Freunden vergöttert, für beinahe jede Rolle geeignet, in allen möglichen Verkleidungen unverkennbar, dann wäre, jede Wette, einer wie Franz Josef Strauß auf den Skizzenblöcken der Karikaturisten entstanden.“
(Hanitzsch, Meine besten Sträuße, München 1998, S. 8)


Die Popularität von Franz Josef Strauß bei Karikaturisten spiegelt sich bereits in dieser Aussage von Dieter Hanitzsch wider. Ein nahezu unüberschaubarer Fundus an Karikaturen zu Franz Josef Strauß, deren Anzahl sich allein im Archiv für Christlich-Soziale Politik auf mehrere tausend Exemplare erstreckt, untermauert diese Aussage. Nicht zuletzt wegen seines politischen Profils, seines Charakters, den damit verbundenen Ecken und Kanten, seines Hangs zur Polarisierung sowie seiner körperlichen Konstitution bot sich Franz Josef Strauß als beliebtes Motiv in Karikaturen an.

 

Karikatur – ein gezeichneter politischer Kommentar

Abgeleitet vom lateinischen Verb carricare, das mit „überladen“, „etwas übertrieben komisch darstellen“ übersetzt werden kann, wird Karikatur gemäß Duden mit Spottbild oder Zerrbild definiert. Dieser eher negativen Konnotation zum Trotz handelt es sich bei einer politischen Karikatur in der Presse um einen Kommentar zur politischen Situation, zu bestimmten Personen, Themen oder Ereignissen. Ähnlich wie bei einem Kommentar in Textform bringt der Karikaturist auch bei seinem gezeichneten, bildhaften Kommentar seine persönlich-subjektiven Anschauungen mit ein. Je nach Gesinnung des Karikaturisten variieren die Aussagen der Karikaturen zwischen humoristisch und satirisch.

Karikaturen wollen dabei weh tun. Sie heben mit einem möglichst kritischen Blick bestimmte Aspekte hervor, animieren den Betrachter zum Nachdenken und Überdenken des eigenen Standpunkts und beeinflussen so die politische Debatte. Die Freiheit, Sachverhalte und v.a. Politiker in Karikaturen überzeichnet, sogar grotesk bis verletzend darzustellen, verkörpert zudem ein über Jahrhunderte hinweg erkämpftes Privileg und Alleinstellungsmerkmal von Demokratien.

Die Herausforderung für Karikaturisten besteht darin, die Personen unverwechselbar sowie ihre Botschaften pointiert, mit möglichst wenig erklärendem, textlichem Beiwerk darzustellen. Werden Politiker häufig karikiert, erhöht dies deren Bekanntheitsgrad. Dass dies auch auf jene Politiker zutrifft, die Karikaturisten in ihren Werken eigentlich bekämpfen wollen, erweist sich folglich als ein Dilemma für die zeichnende Zunft. Von den Zeichnern ignoriert zu werden, ist für Politiker hingegen noch schlimmer als eine polemische oder negative Darstellung in Karikaturen.

 

Franz Josef Strauß – ein „Geschenk des Himmels“ für Karikaturisten

Franz Josef Strauß wurde in Karikaturen auf vielfache Weise gezeichnet. So bot sich etwa in Anbetracht seines Nachnamens die tierische Abbildung als Strauß an. Ein häufiges, immer wiederkehrendes Motiv bestand in der Darstellung von Franz Josef Strauß als typischen Bayer mit einer kurzen Lederhose, Wadlstrümpfen oder in einem Trachtenanzug. Da Strauß neben seiner altbayerischen Abstammung auch über fränkische Wurzeln verfügte und nur selten eine Lederhose trug, erscheint diese Rolle zunächst etwas kreiert. Indem man ihn aber so kleidungstechnisch von seinen bundespolitischen Kollegen abheben konnte, diente dieses Rollenbild Karikaturisten als willkommenes Mittel, das Bild des eigenwilligen, von seiner Meinung stets überzeugten Quertreibers, als der Franz Josef Strauß oftmals wahrgenommen wurde, zu zeichnen und zu vermitteln. Wurde Strauß in Karikaturen durch seine Rolle als Urbayer hingegen außerhalb Bayerns zur Zielscheibe von Spott und Belustigung, ist gleichzeitig eine wachsende Solidarisierung in der bayerischen Bevölkerung, die darin auch eine Verunglimpfung ihrer eigenen Identität erkannte, mit ihrem Landesvater zu konstatieren.

Unterstützt wurde das Bild des Urbayern überdies durch bayerische Rauten und den bayerischen Löwen. Diese beiden Motive sind auch in Karikaturen zu finden, in welchen Strauß nicht in bayerischer Tracht abgebildet ist. So tritt er u.a. mit einer Krawatte mit Rautenmuster oder als Dompteur des bayerischen Löwen in Erscheinung. Letzteres steht bereits für die ihm zugeschriebenen Macherqualitäten und Charaktereigenschaften wie Stärke, Kampfbereitschaft und Führungsanspruch, was aufgrund seiner gedrungenen, kräftigen körperlichen Gestalt auch sehr gut durch Zeichnungen seiner Person transportiert werden konnte. Diese Eigenschaften kommen gepaart mit einem Hang zu Aggressivität in den Karikaturen z.B. durch eine Darstellung als Sturmglöckner, Hornbläser oder Revolverheld zum Ausdruck.

 

Was sagte Franz Josef Strauß selbst zu politischen Karikaturen?

Angesichts der Vielzahl an Karikaturen zu Franz Josef Strauß drängt sich die Frage auf, wie dieser selbst zur politischen Karikatur stand. In einer von dem Karikaturisten Ernst Maria Lang im Jahre 1971 erbetenen Stellungnahme äußerte sich Strauß folgendermaßen:

„Die politische Karikatur muß in der Substanz die Wahrheit treffen, auch wenn sie unbequem ist. Sie muß die Wahrheit nach dem Grundsatz des lateinischen Sprichworts ridendo dicere verum treffen. Die Karikatur darf nicht unter dem Vorwand der künstlerischen Leistung den Tatbestand der verleumderischen Beleidigung erfüllen.“
(Lang, Die Gezeichneten, S. 112)

Dies sah Strauß beispielhaft in den Werken von Herbert Kolfhaus verwirklicht. Kolfhaus war u.a. für den Bayernkurier sowie für verschiedene Tageszeitungen aktiv. Er schuf zwischen 1950 und seinem Tod 1987 etwa 14.000 Karikaturen. Der größte Teil dieser Karikaturen steht online zur Verfügung. Sein Fokus galt hierbei Franz Josef Strauß. Strauß würdigte Herbert Kolfhaus 1981 mit diesen Worten: „Sie spießen mit Ihrer Feder zwar die Politiker auf, Sie stechen sie aber nicht tot!“ (Brief von Franz Josef Strauß an Herbert Kolfhaus, 10.10.1981, ACSP, NL Strauß PV 13763).

 

Literatur:

  • Burger, Hannes: Franz Josef Strauß – der Gezeichnete, in: Renate Höpfinger (Hrsg.), Franz Josef Strauß oder der „dickköpfige Satansbrätling“, München 2015, S. 62-77.
  • Ders.: Strauß als Karikatur des Bayern, in: Renate Höpfinger, Henning Rader, Rudolf Scheutle (Hrsg.), Franz Josef Strauß – Die Macht der Bilder, München 2015, S. 94-99.
  • Grimm, Claus: Was wollen, was können, was dürfen Karikaturen?, in: Renate Höpfinger, Roman Löschinger (Hrsg.), Die Augenbraue. Theo Waigel im Blick großer Karikaturisten: Haitzinger – Hanitzsch – Lang (Katalog zur Ausstellung "Die Augenbraue" vom 25. April bis 29. November 2009, Haus für Kunst und Kultur, Kloster Roggenburg), München/Roggenburg 2009, S. 79-86.
  • Hanitzsch, Dieter: Meine besten Sträuße. Karikaturen-Ausstellung am Flughafen München Franz Josef Strauß, München 1998.
  • Höpfinger, Renate: Franz Josef Strauß oder der „dickköpfige Satansbrätling“, München 2015.
  • Lang, Ernst Maria: Die Gezeichneten: 145 Karikaturen von sehenswerten Politikern und ihren Aktionen mit Kurzinterviews und Autogrammen, München 1971.

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